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Sonntag, 27. April 2014

Semana Santa – Die heilige Woche

Uffa – fällt mir als erstes ein, wenn ich an die letzten beiden Wochen zurückdenke. „Uffa“ entspricht dabei dem deutschen Ausdruck „Uff“, nur dass die Brasilianer halt an alles noch einen Vokal dranhängen. So wird dann aus Rock = Rocki, Hotdog = Hotidoggi oder auch aus Viktoria = Vikitoria. Aber egal, darum geht’s hier nicht.

Die Heilige Woche wird hier am Palmsonntag eingeläutet und Endet mit dem Osterfest.

13. April – Domingo dos Ramos (Palmsonntag)
Um 7 Uhr in der Früh war Treffpunkt in der nähe der Kathedrale angesagt. Also früh raus, damit uns während dem Fest nicht plötzlich der Hunger überfällt. Und dann kommt plötzlich der Bischof in die Küche und meint, ob es nicht möglich währe, dass ich ihn schnell rüberfahre, damit seine Festkleidung nicht schmutzig wird. Also Führerschein holen, rüberfahren (zwei Straßen weiter) und den Bischof auf der Straße abladen. Anschließend Parkplatzsuche und wieder zu Fuß zum Treffpunkt.
Irgendwie hatten wir es in den Vorbereitungen zum Palmsonntag ganz verpasst uns einen Palmbuschen zu organisieren (außerdem hat das in der Heimat immer Vickys Opa sehr liebevoll übernommen), und so standen wir quasi als einzige ohne einen Ast da. Ja, AST! Hier wachsen Palmen eben in jedem Garten. Dann setzte sich der Zug in Bewegung. In Deutschland hätte jetzt die Feuerwehr hinten und vorne, links und rechts den Weg gesichert und die Verkehrsregelung übernommen. In Brasilien braucht man das alles natürlich nicht… hier gibt’s ja auch keinen bösen Menschen, oder? Nö, bei einer Völkerwanderung auf der Straße haben die Brasilianer da keine Bedenken.

Alle winken fröhlich mit den Palmzweigen und ziehen singend in die Kirche ein. Auch der Bischof wedelt kräftig mit.

Für uns war der Palmsonntag auch von daher so wichtig, weil es unser Abschluss des ersten Sonderprojektes war (Mediale Begleitung der Kollekte der Solidarität für das Projekt Cata-Vento).

17. April – Missa Lava Pés – Die Messe der Fußwaschung

In jeder, wirklich in jeder Pfarrei wird die Fußwaschung zelebriert. Und zwar an jeweils 12 Personen… so mit Küssen der Füße und so. Wir haben uns dieses Ereignis wieder Mal in der Kathedrale angesehen. Hier haben sich die Verantwortlichen alle Mühe gegeben und ein Schauspiel organisiert vom letzten Abendmahl. Und statt der normalen Hostie gab es ein Stückchen von einem großen ungesäuertem und gewandelten Brot. Ich habe so etwas in Deutschland noch nie bewusst so miterlebt.

Anschließend gab es noch für ein paar Spätentschlossene eine Beichtgelegenheit bis Mitternacht und die Möglichkeit zur Anbetung in der Marienkapelle. Da wir unsere Beichte schon ein bisschen vorher abgelegt hatten, unterstützen wir die Anbetung in der Marienkapellen. Um 23:30 gingen wir nach Hause, müde vom Tag und in Hinblick auf eine kurze Nacht.

18. April – Via Sacra – Der Kreuzweg

So habe ich Barreiras bisher noch nicht erlebt. Es war frisch und neblig. Die ganze Stadt wie ausgestorben… Nein natürlich nicht die ganze Stadt. Um 5 Uhr trafen sich ungefähr 50 Menschen vor der Kathedrale um gemeinsam den Kreuzweg zu begehen. Aber nicht so einfach in der Kirche einmal die Runde drehen, sondern gleich auf die Serra (dt. Anhöhe). Ja, gut, in Bayern kann dann
schon noch Mal Schnee liegen, oder es regnet… dafür ist es bei uns heiß und nicht ganz ungefährlich.

Die Anhöhe liegt so ca. 300 Höhenmeter über der Stadt. Momentan wird da neben dem großen weisen Kreuz noch eine noch viel größere Christusstatue gebaut. Trotz des mehrfachen Hinweises in den Gottesdiensten waren natürlich nicht alle Brasilianer mit Bergschuhen oder zumindest Sportschuhen ausgestattet, sondern wie üblich mit Flip-Flops.


Im der Stadt macht das ja noch nix. Da geht es schön flach über die Hauptstraßen (natürlich wieder ohne Absperrung), vorbei an der Kirche Santa Regina und schließlich aber auf einen mehr oder weniger guten Weg Richtung Kreuz. Die Stimmung bei diesem Marsch konnte ich leider nicht 100 % genießen, da ich mit Foto machen für die Diözese (mein Arbeitsplatz) beschäftigt war. Trotzdem, die immer heller werdende Stadt, die sich unter einer dichten Nebeldecke versteckte… Der Aufstieg und das durchstoßen des Nebels. Ein Blick auf eine Stadt, die friedlich und ruhig zwischen den Hochebenen liegt… Wahnsinn, einfach toll.

Irgendwann schaute dann auch die Sonne über den Berg und erhöhte sofort die Temperatur. So kamen wir alle nach etwas über 4 Stunden Kreuzwegandacht am Gipfel an und machten uns um ca. 10 Uhr nach einer kurzen Andacht auf den Rückweg, der sich vor allem durch Menschen in Flip-Flops verzögerte.

Zuhause angekommen hieß es fertig machen, essen und ab zur Probe, aber dass ist eine andere Geschichte.

Sonntag, 13. April 2014

Kiss me! von Namen und zweideutiger Bedeutung

Manchmal hat mans als Ehefrau echt nicht leicht - vor allem wenn der Name des eigenen Mannes "küss mich" bedeutet. Ja, ihr habt richtig gehört. Wie kommts dazu? Nun, dass die portugiesische Sprache nicht der größte Fan von Konsonanten ist, ist ja schon bekannt. Wenn man dann aber bei der Aussprache schlampt, wird aus einem Ben-ja-min (ja wie scha) schnell mal ein Beijá-me. Das Verb "beijar" steht nun mal für küssen, und die Form von Bens Namen ist sogar die Befehlsform, also KÜSS MICH!

Und nebenbei lieben es die Padres (vor allem diese) und auch andere, uns bzw. Ben damit aufzuziehen. Mit entsprechenden Gesten - oder auch mit "Viktoria, ich werde jetzt definitiv nicht den Namen deines Ehemanns sagen - ruf du ihn" (von nem Padre). Inzwischen kommt zwar von uns immer wieder ein "kommt schon, der witz ist alt" - aber sie lieben es trotzdem.

Einmal ists sogar passiert, dass eine Dame im Geschäft nach seinem Namen fragte, und danach knallrot anlief - bis Ben ihn buchstabiert hatte...

Mein Name ist da viel eindeutiger: Vitória ist zum einen ein Fußballverein und steht zum anderen für Sieg :).

Donnerstag, 10. April 2014

Entdecke deine Talente! oder: Man staunt, was man kann :)

Alles begann mit einer der legendären "vorm-Büro-Sitzungen" mit Martin. Wie wir glaub ich schon mal erwähnt haben, ist Martin, der hier als Entwicklungshelfer angestellt ist, auch so ein bisschen unsere Anlaufstation, unser Vermittler. Aber zum Teil auch unser Arbeitsbeschaffer, der, der die Ideen hat, wo wir uns einbringen können (oder uns von zu schnellen und zu europäischen Handlungsweisen abhält).

Und so haben wir relativ viel Kontakt, schaun immer mal wieder im Büro vorbei. Und dabei gibts zwei Arten von Besprechungen: wenn die Sache stehend in seinem Büro erledigt werden kann, ists nach 20 Minuten vorbei. Wenn aber kommt: "Du, sitzen wir uns raus vors Büro" (in Korbstühle), dann gehn wir meistens unter 1 - 1,5h nicht raus, weil dann jeder seine Ideen ausbreitet... Und genau bei so einer Sitzung kam dann die Idee mit dem Video für den Cata-Vento auf.

Um es genauer zu erklären: Am Palmsonntag gibts immer eine spezielle Kollekte während der Messe, die einem definierten Projekt zugute kommt. In diesem Jahr zu 60% den Cata-Ventos. Daher wars ihm, da er auch in der Leitung des Projekts ist, wichtig, die Bewohner hier darauf aufmerksam zu machen, das Projekt möglichst gut darzustellen. Da das im Rahmen der Campanha da Fraternidade ist, war die Idee, die Kinder den Hymnus ebendieser singen zu lassen, und dabei ein Video zu machen.

Naja, klingt ja mal nicht so schwierig - fürn Anfang. Erste Aufgabe für mich: Musiklehrer/Chorleiter. Also: Querflöte mitgenommen in den Catavento und mit Hilfe der anderen Lehrer dort, mit den Kindern geprobt, geprobt, geprobt. Soweit so gut... Und dann kamen die Auftragsänderungen: Ach, hmm, es wäre schon schön, wenn das möglichst ein professioneller Kameramann macht... Und könnte man nicht auch die Eltern miteinbinden? Oder: Um die Verbindung von Kirche und Projekt zu zeigen, die wichtigen Padres, evtl. den Bischof?

ääääh... ufff... ähh... ja wird schon klappen?! Ab da galts, die Hirndrähte zu aktivieren: Wer kennt wen? Hm, Fabio arbeitet beim Radio... der könnte nen Kameramann kennen. Richtig vermutet, Kameramann bestätigt auch nach 2 Tagen. Uff. Eltern miteinbinden? Kein Problem, einfach kleine Zettel rausgeben
Ruan (Gitarre) und der Bischof
(Vorschlag und Ausführung: meine Chefin). Padres miteinbinden? und zwar möglichst kreativ? wart mal... der eine spielt Keyboard - gewagte Idee, aber... Und dann sollen auch noch alle am gleichen Tag frei haben! Also, bei beiden vorstellig werden, Projektidee erklären. Wunder 1: Beide haben am gleichen Tag Zeit, der eine bestätigt mir auch, dass er Keyboard spielen wird. YES! Zusatzzuckerl: sogar der Bischof hat an dem geplanten Tag Zeit. Yippie! So, und jetzt... noch eine Gitarre... Warte mal, der Sohn von meiner Kollegin könnte doch... Jep, Zusage trotz Schulstress.

Gut, die Musik wäre geklärt. Einen Tag vorher plötzlich entdeckt, dass das Licht nicht reichen könnte und ähm ja Tontechnik... Irgendwie ging des vorher unter. Tontechnik, dank meiner Chefin, von unsrer Pfarrkirche mit einem Anruf organsiert, sogar mit Techniker, der sie aufbaut. Licht... Die portablen Leuchter unsrer Kirche sind kaputt. Also den anderen Pfarrer anrufen, der kommen wird. Weiterverweis an den Diakono - der dann auch lieberweise sogar zusagt, sich drum zu kümmern, und beim Dreh anwesend zu sein. UFF!

Im Hintergrund Ben, der die Projektleitung hat, die Fäden zieht, und die Kommunikation vorantreibt, also dass auch alle Pfarren wissen, dass das Video am Sonntag in den Kirchen gezeigt werden soll.

In der Nacht vor dem Dreh plötzlich der Anruf: Der Kameramann kommt nicht.
Durch Verzögerungen beim letzten Projekt kann er nicht anwesend sein. Ok, was machma jetzt? Interessanterweise (ich kanns bis heute nicht verstehen) hats mir nicht wirklich was ausgemacht... Und Fabio hatte auch gleich die Idee: er organisiert sich eine kleine Kamera, die aber HD-Aufnahmen kann... Und Ben filmt mit der der Diözese. Dann wird sich schon was Brauchbares ergeben. Ich mein - was soll man den sonst machen, alles neu ausmachen geht nicht mehr, am Tag vorher um 10 Uhr nachts.

Der Tag des Drehs... In der Nacht vorher nur vom Video geträumt, Anspannung für 3... Vor allem, ob der Aufbau noch vorm Video sein wird, ob sich das ausgeht, nicht dass der Bischof lange warten muss... Dann mein kleines Wunder Nr. 2: Der Tontechniker kommt schon um halb 4 nachmittags um alles aufzubauen. Check. Um halb 5 klingelts an der Haustür, und Ben und der Padre, der Keyboard spielen soll stehen vor der Tür (merke: vollkommen untypisch, dass jmd. eine Stunde zu früh kommt).  nochmal Check. Um 5 kommt die Lichttechnik. Um halb 6 (wos ausgemacht ist) trudeln fast alle Kinder ein, dies geschafft haben, sich ein bisschen früher von der Schule loszueisen. Das heißt - eigentlich alles bereit, wir warten nur noch auf den Bischof. Der dann aber um viertel vor 6 auch da ist.
Nach 3 Drehs sind alle zufrieden. Und mir fällt ein Riesenstein vom Herzen...

Jetzt gehts ans Schneiden - weil theoretisch soll das Video Freitag Mittag abgeliefert werden, dass Ben es an alle Pfarren ausliefern kann. Aber wie theoretisch schon sagt... Was nützt ein Plan ist er auch noch so schlau, er bleibt doch immer Theorie - und nur das eine weiß man ganz genau, so wie man plant und denkt so kommt es nie! (Musical Elisabeth). Also Freitag Abend noch keine Meldung von Fabio; Ben schon halb am verzweifeln, weil überall schon angekündigt wurde, dass die Kirchen das Video am Sonntag zeigen. Dann Wunder Nr. 3: um halb 11 der Anruf: Das Video ist fertig. Uffa! (auf Portugiesisch hängens noch ein a dran). Während ich auf ner Fortbildung war, war die ganze Pastoral da Communicação damit beschäftigt, Pläne zu schmieden, wie man denn das Video am Schnellsten und Besten verteilen kann... Und haben sich für 3 Wege entschieden: DVDs brennen, Facebook und Youtube.

Hier zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=G5f74HLRQ3Y

So kam, und zwar mit ner Punktlandung, das Projekt zum erfolgreichen Abschluss. Ja, es sind Amateuraufnahmen. Aber es ist wirklich lieb geworden, und wir sind richtig stolz auf unseren ersten klitzekleinen Fußabdruck. (und by the way: mein Nervenkostüm hat auch definitiv ein Training bekommen).



Sonntag, 6. April 2014

Limpeza das Ruas - Projekt Straßensäuberung

Ir. Maria Rosa
Was machen Entwicklungshelfer eigentlich in der Freizeit, wenn sie nicht gerade mit irgendwelchen Diakonen, Pfarrern oder Bischöfen unterwegs sind, beten oder grade Mal wieder zum Baden an den Fluss fahren? Klar, wir beteiligen uns an einem Sozialprojekt. Dieses Mal mit Ir. Maria Rosa.

Diese fragte uns eines Tages, ob wir Lust hätten Sie bei einem Projekt, „Limpeza das Ruas“ (dt. Straßensäuberung) begleiten wollen. Da wir am Samstag nix anderes eingeplant hatten... klar doch! Was sich genau dahinter verbirgt, sahen wir dann erst am besagten Samstag.

Von der Innenstadt aus fuhren wir an den Rand der Stadt, an dem Häuser für die Menschen, die sich eigentlich kein Haus leisten können, gebaut wurden. Ein Projekt des Staates Bahia. Die Reihenhaussiedlungen sehen fast schon deutsch aus, aber sie sind sehr klein. Auf einer Grundfläche von ca. 5 x 5 Metern befinden sich in zwei Etagen ein Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, ein Bad und eine Küche (und natürlich der Treppenaufgang). Die Familien, die darin wohnen, dürfen aber durchaus mal etwas grösser sein. Abgerundet wird das Wohnangebot durch einen Vorgarten und einen von Mauern umgebenen Hinterhof, die in etwa der Grundfläche des Hauses entsprechen. Trotz der beengten Wohnverhältnisse, ist das für die Familien oft ein riesen Fortschritt. Raus aus den gefährlichen Stadtteilen, rein in Wohnung mit festen Wänden und gutem Dach.

Dort angekommen erwartete uns schon eine Meute Kinder und ihre Eltern. Wir brachten Lebensmittel und Erfrischungsgetränke (für später), Handschuhe, Masken und Mülltüten mit uns, verstauten die Lebensmittel im Kühlschrank und machten uns an die Verteilung der anderen Utensilien. Ein Blick auf den Spielplatz und die Straßen zeigte uns, dass es hier der Umgang mit Müll noch nicht so geübt ist. Quasi überall lagen große Plastikfetzen in der Gegend rum.




Selbst direkt neben der für den Müll vorgesehenen großen Tonne, lag der Müll einfach links und rechts daneben in der Gegend. Ein paar Anwohner hat das wohl schon so sehr gestört, dass Sie ein Schild gebastelt haben „Es ist verboten, den Müll neben den Mülleimer zu werfen“ („Proibido joga lixo fora da lixeira“).


Am Ende der Aktion standen wir vor einem großen Haufen Müll, den wir noch in die dafür vorgesehenen Mülleimer verstauten. Anschließend gab es noch „Cachorro quente“. Das was eigentlich einem Hotdog entsprechen sollte, sieht eher wie ein Würstchengulasch im Hotdog-Brötchen aus, aber andere Länder, andere Sitten.