Ben und ich haben hier das Glück, dass wir quasi direkt unter der Verantwortung bzw. dem Schutz der Diözese stehen/arbeiten, und daher auch recht viel mit dem Bischof zu tun haben. So auch vor ungefähr einer Woche, als er uns fragte, ob wir Lust hätten, mit ihm aufs Land rauszufahren und eine Gemeinde zu besuchen – wo die Firmung stattfindet.
Da wir auch ein bisschen was vom Gebiet der Diözese sehen
und kennenlernen wollen, waren wir natürlich dabei. Und wie sieht dann so ein
(Sonn)Tag mit dem Bischof aus?
7:30 Uhr: Abfahrt bei uns. Vor uns liegen 1,5 h Autofahrt,
mit nem kurzen Kaffee-Zwischenstop bei dem Priester, der für das Dorf zuständig
ist, dann weiter, über die inzwischen schon bekannten Buckelpisten (die sie
Straße nennen) bis zum Dorf.
9:30 Uhr: Empfang des Bischofs mit Musik, Gesang, wehenden
Fahnen; mit Umzug zur Kirche. Alle haben ihre schönsten Sonntagskleider aus dem
Schrank geholt…
10:00 Uhr: Beginn der
Firmung – mit ca. 20 Firmlingen (nur aus diesem Dorf), die Kirche platzt aus
allen Nähten – und auch Ben und ich werden nach Ankündigung des Bischofs
nochmal extra vorgestellt und begrüßt (ob ich da jemals souverän vorne stehen
werde… keine Ahnung :)
).
11:45 Uhr: Die Firmung ist zu Ende – aber das Foto machen
noch lange nicht. Nochmal ungefähr ne halbe Stunde wollen alle Firmlinge +
Familien und andre unbedingt Fotos mit dem Bischof machen; manche sogar mit uns.
12:15 Uhr: Weiter geht’s zum Haus der Sängerin. Dort
erwartet uns ein reichhaltiges Mittagessen – und wie in Brasilien so oft schon
gesehen: Die Gäste dürfen am Tisch sitzen, während die Hausbesitzer mit dem
Teller auf den Knien essen. Beim Essen Konversation über Probleme der Pfarre,
über soziale und berufliche Angelegenheiten, über Probleme der Einzelnen.
Um 14 Uhr geht’s weiter… raus aufs Land, wo uns ein Mann
unbedingt den Platz zeigen will, wo er plant, eine Kapelle zu errichten, und
die Zustimmung oder Ablehnung des Bischofs erwartet. Gleich darauf weiter in
dessen Haus, wo die Frau mit Gegenständen wartet, die sie geweiht haben will.
Und so geht’s weiter – der dort ansässige Pfarrer will dem
Bischof unbedingt so viele wie möglich der zugehörigen Gemeinden mit deren Kirchen
zeigen, und so machen wir auch bei jeder Kirche halt. (insges. 3). Überall, wo
die Leute merken dass wir kommen, strömen sie in Scharen herbei, es wird ein
gemeinsames Vater unser gebetet und weiter geht’s. Jedes Mal schon fast
enttäuschte Gesichter, weil der Bischof nur 5 Minuten Zeit für sie hat.
Um halb 4 dann noch ein Nachmittagskaffee bei einer alten
Freundin der Diözese – und um 4 ein leicht gestresster Blick auf die Uhr, da um
6 Uhr abends noch eine Abendmesse in der Pfarre zu halten ist. Und auf die
Frage (bei der Autofahrt), ob das ein typischer Sonntag gewesen wäre, ein
klares und deutliches „Ja“.
Wenn man so drüberliest, könnte man meinen, das alles ist ja
nicht soooo schlimm. Aber ganz ehrlich? Sogar für uns, die jetzt „nichts“ zu
tun hatten, war es anstrengend. Und ich kann mir vorstellen, dass es für einen
Geistlichen nochmal anstrengender ist. Denn bei jedem Besuch muss man sich
wieder neu in die Menschen hineindenken, jeder kommt relativ schnell mit seinen
Problemen an (die unsereins in normalen Gesprächen vielleicht nach 3 Bier erfährt),
und erwartet Hilfe, Rat. Und jeder will auch, dass ihm ordentlich zugehört
wird.
Das alles kommt noch zu dem, dass die Leute sowieso immer eine gute
Predigt und Verwaltung der Pfarre/Diözese erwarten.
Ich zieh auf jeden Fall meinem Hut vor allen, die diesen
Beruf ausüben. Weil das, was im Volksmund immer unter „der trinkt doch sowieso
nur Kaffee und isst sich durch“ fällt, ist in Wirklichkeit Arbeit, Seelsorge - und auch mal solche, die sich nicht an Arbeitszeitenregelungen hält...
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