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Freitag, 7. Februar 2014

Mehr als einfach nur viel unterwegs – ein Tag im Leben eines Geistlichen (aus der Sicht von uns Laien)


Ben und ich haben hier das Glück, dass wir quasi direkt unter der Verantwortung bzw. dem Schutz der Diözese stehen/arbeiten, und daher auch recht viel mit dem Bischof zu tun haben. So auch vor ungefähr einer Woche, als er uns fragte, ob wir Lust hätten, mit ihm aufs Land rauszufahren und eine Gemeinde zu besuchen – wo die Firmung stattfindet.


Da wir auch ein bisschen was vom Gebiet der Diözese sehen und kennenlernen wollen, waren wir natürlich dabei. Und wie sieht dann so ein (Sonn)Tag mit dem Bischof aus?

7:30 Uhr: Abfahrt bei uns. Vor uns liegen 1,5 h Autofahrt, mit nem kurzen Kaffee-Zwischenstop bei dem Priester, der für das Dorf zuständig ist, dann weiter, über die inzwischen schon bekannten Buckelpisten (die sie Straße nennen) bis zum Dorf.

9:30 Uhr: Empfang des Bischofs mit Musik, Gesang, wehenden Fahnen; mit Umzug zur Kirche. Alle haben ihre schönsten Sonntagskleider aus dem Schrank geholt…

10:00 Uhr:  Beginn der Firmung – mit ca. 20 Firmlingen (nur aus diesem Dorf), die Kirche platzt aus allen Nähten – und auch Ben und ich werden nach Ankündigung des Bischofs nochmal extra vorgestellt und begrüßt (ob ich da jemals souverän vorne stehen werde… keine Ahnung :) ).

11:45 Uhr: Die Firmung ist zu Ende – aber das Foto machen noch lange nicht. Nochmal ungefähr ne halbe Stunde wollen alle Firmlinge + Familien und andre unbedingt Fotos mit dem Bischof machen; manche sogar mit uns.

12:15 Uhr: Weiter geht’s zum Haus der Sängerin. Dort erwartet uns ein reichhaltiges Mittagessen – und wie in Brasilien so oft schon gesehen: Die Gäste dürfen am Tisch sitzen, während die Hausbesitzer mit dem Teller auf den Knien essen. Beim Essen Konversation über Probleme der Pfarre, über soziale und berufliche Angelegenheiten, über Probleme der Einzelnen.

Um 14 Uhr geht’s weiter… raus aufs Land, wo uns ein Mann unbedingt den Platz zeigen will, wo er plant, eine Kapelle zu errichten, und die Zustimmung oder Ablehnung des Bischofs erwartet. Gleich darauf weiter in dessen Haus, wo die Frau mit Gegenständen wartet, die sie geweiht haben will.
Und so geht’s weiter – der dort ansässige Pfarrer will dem Bischof unbedingt so viele wie möglich der zugehörigen Gemeinden mit deren Kirchen zeigen, und so machen wir auch bei jeder Kirche halt. (insges. 3). Überall, wo die Leute merken dass wir kommen, strömen sie in Scharen herbei, es wird ein gemeinsames Vater unser gebetet und weiter geht’s. Jedes Mal schon fast enttäuschte Gesichter, weil der Bischof nur 5 Minuten Zeit für sie hat.

Um halb 4 dann noch ein Nachmittagskaffee bei einer alten Freundin der Diözese – und um 4 ein leicht gestresster Blick auf die Uhr, da um 6 Uhr abends noch eine Abendmesse in der Pfarre zu halten ist. Und auf die Frage (bei der Autofahrt), ob das ein typischer Sonntag gewesen wäre, ein klares und deutliches „Ja“.

Wenn man so drüberliest, könnte man meinen, das alles ist ja nicht soooo schlimm. Aber ganz ehrlich? Sogar für uns, die jetzt „nichts“ zu tun hatten, war es anstrengend. Und ich kann mir vorstellen, dass es für einen Geistlichen nochmal anstrengender ist. Denn bei jedem Besuch muss man sich wieder neu in die Menschen hineindenken, jeder kommt relativ schnell mit seinen Problemen an (die unsereins in normalen Gesprächen vielleicht nach 3 Bier erfährt), und erwartet Hilfe, Rat. Und jeder will auch, dass ihm ordentlich zugehört wird. 

Das alles kommt noch zu dem, dass die Leute sowieso immer eine gute Predigt und Verwaltung der Pfarre/Diözese erwarten.

Ich zieh auf jeden Fall meinem Hut vor allen, die diesen Beruf ausüben. Weil das, was im Volksmund immer unter „der trinkt doch sowieso nur Kaffee und isst sich durch“ fällt, ist in Wirklichkeit Arbeit, Seelsorge - und auch mal solche, die sich nicht an Arbeitszeitenregelungen hält...

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