Jein, ganz so ist es nicht. Schon vor unserem ursprünglichen Reisetermin im Oktober sagten uns Irma Sabina und Martin Mayr, dass Sie eine mindestens 6-Wöchige Akklimatisierungsphase planen. Uns erschien das damals schon recht viel, schließlich wollen wir ja auch was tun. Aber nach den ersten drei Wochen brummt uns ganz schön der Kopf: Andere Kultur, sprachliche Herausforderung, Vorstellung in allen Kirchen, Einarbeitung in die Problematiken vor Ort, Hitze und Luftfeuchtigkeit, Zusammenleben, Weihnachten, Silvestern…
Darum folgten wir der Empfehlung von Ir. Sabina verlängerten unseren Pflichtaufenthalt in Salvador um etwas „Urlaub“ zu machen.
Tozo, ein Flüchtling aus dem Orient, der bereits seit über einem Jahr hier in Salvador bei den Prämonstratensern wohnt, bot sich an, uns die Stadt zu zeigen. Nachdem ich den Fahrstil in Barreiras schon bewundern durfte und mich dort auch schon hinters Steuer getraut habe, wollte ich die Salvador-Variante (=Barreiras x 1000 Autos) dann doch erst Mal als Beobachter genießen, weshalb wir mit dem Stadtbus fuhren.
Alleine die Fahrt in die Stadt war ein Erlebnis. Vorbei am Flughafen, Condominios (Geschützten Wohneinrichtungen für die Reichen), Elendsvierteln und dem neuen Fußballstadion für die WM. Hier wurde uns erst richtig bewusst, wie gegensätzlich Brasilien ist und wie nahe zusammen hier bitterste Armut und unermesslicher Reichtum sind. Für uns sah es so aus, als wären die Dritte und die erste Welt (Entschuldigung für diese veralteten Ausdrücke) hier in einer Stadt zusammengepfercht worden. Immer wieder stiegen Verkäufer und Bettler in den Bus zu, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Als einzige hellhäutige Fahrgäste wird einem da schon manchmal etwas anders.
Die erste offene war eine dem hl. Franziskus geweihte, an einen königlichen Palast angeschlossene Kirche. Die 10 Real Eintritt war es uns wert. Anders als in Europäischen Museen hat man ständig das Gefühl, man könne die Kunstgegenstände einfach mal Anfassen, auch wenn Schilder darauf hinweisen, es nicht zu tun. Zumindest ist mir keine Alarmanlage oder ähnliches aufgefallen.
Die dritte und letzte Kirche, die wir als Tourist an diesem Samstag betraten, war ebenfalls eine dem hl. Franziskus geweihte. Bei dieser hätte sich Franziskus, der sein Leben in völliger Armut verbracht hat, jedoch vermutlich im Grab umgedreht. Alles war über und über mit Blattgold verziert.
An einer Stelle wurden wir wieder einmal daran erinnert, das Brasilien nicht Deutschland und Salvador nicht Barreiras ist. Wir wollten noch ein wenig weiter durch die Stadt gehen, als Tozo darauf bestand wieder umzukehren, es sei nicht mehr sicher. Woran er das sehe, fragte ich. Keine Polizei auf der Straße und zu wenige Touristen. Schon am Vortag erzählte uns Pater Milu, der Prior des Klosters, dass der Fahrer, der Ir. Sabina zum Busbahnhof gebracht hatte, anschließend ausgeraubt wurde. Und wir hatten noch überlegt, ob wir mitfahren zum Verabschieden.
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